· 

Und immer wieder stellen sich Fragen

Ich durfte mich mit dem "Cracovian Album" aus Luigi Cherubinis Feder beschäftigen und davon eine Aufnahme machen: Vokalmusik für 1-3 Frauenstimmen in Begleitung von Klavier oder Cembalo und teils mit einer sehr virtuosen obligaten Violinstimme. 

Überall beim Blick in die Noten tauschten Fragen auf. So ist neben Textfragen und und Aufteilungsproblemen der vielen Strophen auf das Notenmaterial auch manches Zeichen aufgetaucht, das wir nicht deuten konnten. Zum Glück hatten wir den Musikwissenschaftler und Cherubini-Experten Michael Pauser im Projekt, der uns mit Rat und Tat zur Seite stand und auch selbst oft vor offenen Fragen stehen blieb.

Oft macht aber auch schon so ein kleiner Vorhalt einer Note ein großes Thema auf: Cherubini lebte sehr lange und durchlebte folglich auch gleich mehrere Epochen. Zu Beginn seiner Schaffensphase orientiert man sich vielleicht an barocken Gepflogenheiten...aber auch das kann ja schon nicht richtig sein, denn Cherubini war ja auch ein Neuerer. 

Es gibt für diese Werke keinen "Usus", nichts, worauf man sich tatsächlich berufen könnte oder wofür es eine Referenzaufnahme oä. gäbe.

Für viele der Strophenlieder stellt sich mir als Sängerin auch die Frage, wie wichtig dem Komponisten die Texte waren...denn oft sind es revolutionäre Gedanken, die da vertont wurden. Wie verhalten sich da die Strophen zur Musik?...im Barocken würde eine Wiederholung ja immer Auszierung und "Zeigen, was man so kann" bedeuten, aber dann würde der Text eben kaum eine bis gar keine Rolle mehr spielen. Fragen über Fragen, die heute wahrscheinlich niemand mehr beantworten kann, denn in den vielen Jahren zwischen der Komposition und der 2022 wieder erstmalig hörbar gemachten Version gibt es keinen natürlichen "Übertragungsweg", auf dem sich ein Umgang mit ehemals nicht Aufgeschriebenem weitergetragen haben hätte können. Eine absolute Antwort kann es also nicht geben. Auf wohl keine dieser Fragen...

 

(auf dem Foto von Alex Adler: links Jean Szcymczak (Tonmeister) und Michael Pauser (Musikwissenschaftler))